Der marode Mainzer Haushalt

Wie steht es um die Finanzen der Stadt?

20.09.2019 | 11:21 Uhr

Am 27.Oktober wählen wir in Mainz einen neuen Oberbürgermeister bzw. eine neue Oberbürgermeisterin. Wir stellen euch natürlich alle Kandidaten ausführlich vor mit Einzelinterviews und einer Diskussionsrunde. Und wir blicken auf die letzten acht Jahre in Mainz und resümieren für euch mal die politische und wirtschaftliche Situation der Stadt.

Als Grundlage für die aktuelle finanzielle Situation haben wir den Haushaltsplan der Stadt für 2019/ 2020 betrachtet.

Mainz ist im Kommunalen Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz, in dem sich Städte und Gemeinden befinden, die verschuldet sind und deshalb finanzielle Unterstützung benötigen. Außerdem werden betroffene Städte, so auch Mainz, engmaschig bezüglich ihrer Einnahmen und Ausgaben betreut.

Hohe Verschuldung

Dass Mainz, wie einige andere Städte in RLP, z.b. Trier oder Ludwigshafen, hoch verschuldet ist, ist kein Geheimnis. Von vielen Seiten wird kritisiert, dass hier das Land RLP in der Pflicht ist, die Kommunen besser zu unterstützen. Immerhin sind die am höchsten verschuldeten Städte überwiegend in Rheinland-Pfalz.

Seitens der Stadt wird allerdings betont, man sei auf einem guten Weg. Im Haushaltsplan für 2020 stehe die schwarze Null: Der Haushalt sei das erste Mal seit über 20 Jahren ausgeglichen.Hier profitiert der Haushalt allerdings von den gestiegenen Steuereinnahmen. So ist die Mainzer Bevölkerung bspw.in den letzten Jahren enorm angestiegen, damit steigen natürlich auch die Einnahmen aus der Einkommenssteuer. Schließlich ist die Bevölkerungszahl in den letzten 10 Jahren um knapp 10 Prozent gestiegen. Somit sinkt selbstverständlich auch die Pro-Kopf-Verschuldung.

In 10 Jahren ist die Einwohnerzahl in Mainz um 10 Prozent gestiegen
In 10 Jahren ist die Einwohnerzahl in Mainz um 10 Prozent gestiegen

Die ADD prüft den Haushaltsplan

Dadurch, dass Mainz im Kommunalen Entschuldungsfond ist, wird der Haushaltsplan von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion des Landes, kurz ADD, geprüft. Uns liegt ein Schreiben der ADD vor, das sich auf die Haushaltsplanung der Stadt Mainz für 2019/2020 bezieht.

An vielen Stellen wird kritisiert, dass die Stadt mehr ausgebe als einnehme, und damit gegen das Haushaltsausgleichsgebot verstoße. Es wird betont, dass Mainz Einnahmemöglichkeiten und Ausgabebegrenzungen nicht ausschöpfe und somit die Schuldenlast weiter erdrückend sei.Konkret angesprochen wird ein Punkt, der die Eigen- und Beteiligungsgesellschaften der Stadt betrifft. Solche Gesellschaften sind beispielsweise die Stadtwerke, die Wohnbau oder die Gebäudewirtschaft Mainz (GWM). Die ADD kritisiert, dass sich diese nicht nur in ihrem Kerngeschäft betätigen. Ein Beispiel hierfür ist die Wohnprojektentwicklung am Zollhafen durch die Mainzer Stadtwerke. Nach eigenen Angaben sind die Stadtwerke ein Dienstleistungsunternehmen im Bereich Strom, Gas, Wasser. Für Projektentwicklung im Wohnungsbau hat die Stadt eigentlich andere Experten: Die MAG (Mainzer Aufbaugesellschaft).

In dem die Stadt allerdings diese Aufgaben abgibt, muss sie sie nicht im eigenen Haushaltsplan anführen und entzieht sie der aufsichtsbehördlichen Genehmigung. Gleichzeitig kann die stadtnahe Gesellschaft von solchen Aufträgen profitieren, auch wenn diese ggf. gar nicht in ihrem Kompetenzbereich liegen. Außerdem bedeutet ein solches Vorgehen auch personellen Mehraufwand. Denn natürlich müssen dann auch bei den Stadtwerken Menschen sitzen, die sich in dem Bereich Wohnungsbau und dem Entwickeln von solchen Projekten auskennen.

Bei der Kommunalen Datenzentrale Mainz (KDZM), einem weiteren Eigenbetrieb der Stadt, liegt die Kritik der ADD an anderer Stelle: Die erwirtschafteten Gewinne dieses Betriebs müssten an die Stadt ausgeschüttet werden. Das werde allerdings nicht getan. Mehr noch: Für das Vermögen der KDZM werde Verwahrgeld bei der Bank bezahlt, während die Stadt weiterhin hohe Schulden habe.

Der marode Mainzer Haushalt

Städtische Betriebe im Minus

Laut ADD sei das große Ziel, dass städtische Betriebe, ob nun Eigenbetriebe oder Beteiligungsgesellschaften, ein Plus erwirtschafteten. In Mainz sei dies nicht der Fall. Und tatsächlich zeigen die Zahlen, dass einige dieser Unternehmen Miese machen. Kontrolliert werden viele der Gesellschaften von einer weiteren: Der Zentralen Beteiligungsgesellschaft (ZBM). Dort werden Gewinne und Verluste der einzelnen Betriebe zusammengefasst und Überschüsse an die Stadt ausbezahlt. Für die Öffentlichkeit sind die detaillierten Bilanzen nicht transparent und unterliegen auch nicht der Kontrolle der ADD, da diese nur die Eigenbetriebe betrachtet, d.h. die Betriebe, die komplett der Stadt gehören (GWM- Gebäudewirtschaft Mainz, KDZM- Kommunale Datenzentrale, Entsorgungsbetriebe). Alle anderen, seien es nun die Stadtwerke, mainzplus Citymarketing, die Mainzer Bürgerhäuser GmbH &Co KG, die Wohnbau Mainz uvm. stehen nicht unter der Kontrolle der ADD und einige von ihnen reißen große Löcher in die Stadtkasse.

Die aktuellen Jahresergebnisse

Bei den Jahresergebnissen 2018 hat mainzplus Citymarketing mit einem Minus von 2,5, Mio Euro die größten Verluste eingefahren. Aber auch die Mainzer Alten- und Wohnheim GmbH ist mit 200.000 Euro im Minus, ähnlich wie die TechnologieZentrum Mainz GmbH mit einem Minus von über 100.000 oder die Kulturzentren Mainz GmbH mit einem Defizit von über 250.000 Euro. Dadurch, dass die Zentrale Beteiligungsgesellschaft die Kontrolle über diese Betriebe hat, können Defizite natürlich durch Einnahmen anderer gewinnbringender Betriebe ausgeglichen werden. Beispielsweise erwirtschaften die Stadtwerke oder die PMG aktuell hohe Gewinne, die das Minus anderer Betriebe, wie mainzplus Citymarketing ausgleichen. Dass hier Personen in der Führungsspitze mehrere Ämter innehaben und sich gegenseitig kontrollieren, hat von außen betrachtet, einen faden Beigeschmack. So ist beispielsweise der Geschäftsführer der ZBM gleichzeitig Vorstandsvorsitzender der Stadtwerke, die natürlich der Kontrolle der ZBM unterliegt. Finanzdezernent Günther Beck ist u.a. neben seiner Position an der Stadtspitze und als Geschäftsführer der ZBM auch Geschäftsführer der Mainzer Bürgerhäuser GmbH & Co KG und Aufsichtsratvorsitzender der Mainzer Aufbaugesellschaft (MAG).

Von den Kandidaten Haase und Rößner wird aktuell im Wahlkampf die Stadtspitze für diese Vorgänge stark kritisiert. Sie fordern mehr Transparenz und vor allem eine klare Aufgabenteilung der städtischen Betriebe sowie die Fokussierung auf die jeweilige Kernkompetenz.

Quelle: ADAC